Eine Saugunlust direkt nach der Geburt hat zur Folge, dass weniger Immunglobuline über dem Darm aufgenommen werden. Dadurch verfügt das Kalb von Beginn an über einen schlechteren Immunstatus was ein höheres Erkrankungsrisiko zur Folge hat. Deshalb sollte in diesem Fall das Kalb sachgerecht mit einem Drenchbesteck gedrencht werden.
Um mögliche Ursachen für ein schlechtes Saugverhalten im Vorfeld ausschließen zu können sollten Sie auf folgende Punkte achten:
Vorbeugung und Ursachen
Optimieren Sie die Versorgung der Mutter
Die ungeborenen Kälber werden über die Mutter versorgt. Eine jedem Stadium der Laktation und Trockenstehzeit angemessene Versorgung der Muttertiere mit Eiweiß, Energie, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen sichert die Vitalität der Kälber. Bereits im Mutterleib beginnt die metabolische Programmierung. Auf die Muskelaktivität, welche für den Saug– und Schluckreflex von Bedeutung sind, haben insbesondere Mangelsituationen mit Magnesium, Kalzium und Selen in Kombination mit Vitamin E Einfluss. Weiterhin können Imbalancen bei der Verfügbarkeit von Jod, Kobalt, Kupfer, Vitamin A und Betacarotin zur Lebensschwäche infolge von Stoffwechselstörungen führen. Auch eine Proteinüberversorgung in Verbindung mit hohen Blutharnstoffwerten hat lebensschwache Kälber zur Folge. Energiemangelzustände der Kuh führen durch die Ketonkörper zu einer Blutazidose. Wie bereits erwähnt, ist die Azidose eine Ursache für den fehlenden Saugreflex. Aber auch eine Pansenazidose oder der unkontrollierte Einsatz von sauren Salzen können den gleichen Effekt haben.
Verhindern Sie Frühgeburten
Frühgeburten treten häufig als Folge von Allgemeininfektionen, Über- und Unterversorgung mit Nährstoffen und nach Stresssituationen auf. Folge ist eine Spätasphyxie (Atemnotsyndrom). Dabei handelt es sich um einen Mangel an Surfactant. Dieser wird erst im letzten Trächtigkeitsdrittel in den Lungenbläschen gebildet und dient dazu, dort die Oberflächenspannung zu verringern. Fehlt er, so kann das Kalb nur unter hohem Kraftaufwand einatmen, da bei jeder Ausatmung Bläschen zusammenfallen und nicht oder nur unter hoher Anstrengung wieder geöffnet werden können. Die Atemnot verschlimmert sich kontinuierlich. Die Bildung von Surfactant ist abhängig von der Verfügbarkeit von Kalzium und Phosphor und einer ausreichenden Proteinversorgung. Auch eine Azidose des Blutes der tragenden Kuh, wie sie infolge einer Pansenazidose oder Ketose auftritt, beeinträchtigt die Synthese von Surfactant.
Schwergeburten vermeiden
Bei Schwergeburten und unsachgemäßer Geburtshilfe können durch Druck und Zug Brüche des Kiefers, Quetschungen der Hals- und Zungenmuskulatur oder der Nerven entstehen, die eine Tränkeaufnahme unmöglich machen. Auch Stauungsödeme und Schmerzen infolge der Schwergeburt behindern den Saugvorgang. Aber nicht nur die mechanischen Schäden haben Einfluss auf das Trinkverhalten und die Vitalität. Auch durch den bei Schwergeburten auftretenden massiven Druck auf den Brustkorb und die Lunge im Geburtskanal und den verzögerten Durchtritt nach außen, besonders bei bereits unterbrochener Blutzufuhr durch das Abquetschen der Nabelgefäße, kommt es zu einer Sauerstoffunterversorgung. Diese Hypoxie schädigt das Gehirn und damit die Steuerung des Saugreflexes. Betroffene Kälber leiden an einer Frühasphyxie, einem Atemnotsyndrom, welches zu einer Übersäuerung des Blutes führt. Diese Azidose ist zusätzlich zur Atemnot Ursache der Nahrungsverweigerung. Schwergeburten lassen sich nicht nur durch eine geeignete Bullenauswahl verringern. Eine angepasste Ration und regelmäßige Kontrolle der Körperkondition von Spätlaktierenden, Trockenstehern und Kalbinnen ergänzen die Bemühungen. Zusätzlich sorgt eine dem Erstkalbealter angemessene Aufzuchtintensität für großrahmige, gut entwickelte Kalbinnen.
Nehmen Sie eine konsequente Geburtskontrolle vor
Eine regelmäßige optische Überwachung der Geburt gibt Hinweise auf Geburtsverzögerungen. Sie ermöglicht das rechtzeitige Eingreifen bei Schwergeburten, aber auch bei Wehenschwäche infolge eines Kalziummangels oder verzögerten Geburten durch Stresseinwirkung wie Unruhe oder ungewohnte Umgebung. Bei Stress wird Adrenalin freigesetzt. Dies wirkt als Gegenspieler des Oxytocins. Durch die verschleppte Geburt verschlechtert sich zunehmend die Sauerstoffversorgung des Kalbes, so dass auch hier die Gefahr einer Frühasphyxie besteht. Keimbelastungen des Kalbes während und kurz nach der Geburt können in kürzester Zeit zu schweren Allgemeininfektionen führen – die Tränke wird verweigert.
Fazit
Saugunlust und Tränkeverweigerung bei Kälbern wird häufig der Schmackhaftigkeit des Milchaustauschers angelastet. Dass aber auch andere Gründe dafür in Frage kommen, wird nicht immer berücksichtigt. Beispielsweise eine Unterversorgung des Kalbes durch das Muttertier und daraus resultierende geringe Geburtsgewichte, können zu verminderter Sauglust führen. Ebenso Früh- und Schwergeburten können einen entscheidenden Einfluss auf die Saugbereitschaft des Kalbes haben. Auch wenn die Muttertiere gesundheitlich angeschlagen sind, kann sich das negativ auf die Trinklust des jungen Kalbes auswirken. Daher ist es wichtig, die Kühe im Vorfeld optimal zu versorgen, die Geburt zu überwachen und wenn nötig fachgerechte Geburtshilfe zu leisten.
Wie unterstütze ich den Saugreflex beim Kalb?
Das Kalb sollte unmittelbar nach der Geburt getränkt werden, da die Kolostrumaufnahme in dieser Zeit wesentlich besser ist als erst nach einigen Stunden. Wenn das Kalb keinen Saugreflex zeigt, kann der Einsatz einer Biestmilchflasche anstatt einem Nuckeleimer helfen. Diese ist handlicher, wodurch das Anlernen des Saufens erleichtert wird. Das Anlernen sollte sehr behutsam erfolgen. Hierbei führt man den Zeige- und Mittelfinger von oben her in das Maul ein. Mit Hilfe der linken Hand führt man dann den Kopf zu dem Gumminippel und schiebt die Maulöffnung über den Sauger. Hierbei sollte man gleichzeitig etwas Milch mit herausdrücken. Oft fängt das Kalb dann von ganz allein an, selbst zu saugen. Des Weiteren kann man das Hinterteil des Kalbes streicheln. Das Streicheln imitiert das Verhalten der Mutterkuh und so wird der Saugtrieb angeregt. Ebenfalls sollte der hygienisch einwandfreie Nuckel richtig eingesetzt werden. Es ist darauf zu achten, dass die Schlitze waagrecht und senkrecht stehen.
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